Dass Fett schwankt bei verschiedenen Individuen je nach dem Wechsel der so mannigfachen individuellen Verhältnisse in ziemlich grossen Physiologische Breiten. Diese Tatsache ist uns Alien so in Fleisch und Blut übergegangen, dass wir nur das, was die Grenzen des Normalen erreicht oder sie nach der einen oder anderen Richtung überschreitet, als fett oder mager bezeichnen. Der Fettansatz wird etwa vom (5. Monat des Fötallebens an bereits begonnen, und wir wissen alle, dass ein normal entwickeltes, gesundes, zur richtigen Zeit geborenes Kind über ein relativ recht ansehnliches Fettpolster zu verfügen hat, so dass die Angaben über die Fettmenge beim Neugeborenen zwischen 9 – 18% seines Körpergewichts schwanken. Sie ist hier relativ grösser als bei erwachsenen Menschen, bei denen die physiologische Menge des Fettes von Béclard und Quesnay nur auf 5 – 6% des gesammten Körpergewichtes geschätzt wurde. Die erstere Zahl bezieht sich auf Männer, die letztere auf Frauen, bei denen auch in ganz physiologischen Zuständen der Fettgehalt des subcutanen Bindegewebes etwas reichlicher sein soll. Traube hält eine massige Fettanhäufung bei Menschen über 50 Jahre für etwas Normales. Abgesehen von den physiologischen Schwankungen macht die Schwierigkeit der Untersuchungsmethoden die Verschiedenheit der diesbezüglichen Angaben begreiflich. Jedoch werden wir ohne Weiteres Vierordt Recht geben dürfen, wenn er die Moleschott’sehe Angabe, dass das Fettgewebe 1/40 des gesammten Körpergewichts, also nur 2,5 % desselben betrage, als viel zu niedrig gegriffen bezeichnet. — Wir wissen ferner , dass sich in physiologischen Zuständen das Fett an ganz bestimmten Teilen unseres Körpers im subcutanen Bindegewebe ansammelt, und es gibt eine Reihe von Körperstellen, welche, wie Jedem bekannt, selbst bei Personen mit reichlichem Fettpolster, wenn auch nicht absolut fettlos , so doch auffällig fettarm bleiben.
Diese eigentümliche Anordnung des Fettgewebes im normalen tierischen und menschlichen Organismus hat etwas Bestechendes zu Gunsten der von Tolt vertretenen Ansicht über die Sondernatur dieser Prädilektionsstellen der Fettablagerung. Während nämlich bis vor Kurzem ganz allgemein angenommen wurde, welcher Auffassung auch die neuesten Untersuchungen von Flemming durchaus günstig sind: dass die Bildung der Fettzellen regelmässig, mit vielleicht keiner Ausnahme, von den fixen Bindegewebszellen aus erfolgt, – so dass nach dieser Anschauung die fixen Bindegewebs- und Fettzellen identisch sind — ist für Toldt das >>Fettgewebe<< der Wirbeltiere ein Organ eigener Art, welches nach keiner Seite hin dem Bindegewebe zugerechnet werden darf, welches als besonders geartetes Gewebe mit einem eigenen wohl charakterisierten Blutgefässystem und einem selbstständigen Stoffwechel, dessen Produkt das Fett ist, angesehen werden soll. Auch Flemming hat freilich für die Lokalitäten, wo sich physiologisch Fett ansammelt, welche er als kleine, lokalisirte, immer nur einzelnen Verästelungsbezirken der kleinen Gefässe folgende Heerde beschreibt, eine bestimmte Einrichtung der Gefässe in Anspruch genommen. Dieselbe besteht nach ihm in einer hinreichend langen, Iokalen Erweiterung der Gefässe, aber ein besonderes Organ ist für Flemming das » Fettgewebe « – eine Bezeichnung, welche er sorgfältig vermeidet, nicht.
Indessen sind, abgesehen von dieser Divergenz der Ansichten. Doch alle Beobachter darin einig, dass jede Bindegewebszelle sich unter Umständen in eine Fettzelle umwandeln könne. Audi Tolt unterscheidet sich von den übrigen Beobachtern nur dadurch , dass er eine solche Umwandlung unter streng physiologischen Bedingungen nicht akzeptiert, sondern, dass er die Aufnahme von Fett in eine gewöhnliche Bindegewebszelle entweder für ein krankhaftes oder für ein in den Begriff der Mästung fallendes Symptom hält. Keineswegs nimmt Tolt an, was einige Autoren in ihn hinein interpretiert haben, dass gerade bei den Fettsüchtigen das > Fettgewebe < von Haus aus in einer besonderen Ausdehnung angelegt sei, sondern bei ihnen nimmt er eben so wie jeder Andere an, dass das Fett in die Bindegewebszellen infiltriert sei. Wir werden nun als Fazit dieser bisherigen Besprechungen soviel als sicher annehmen dürfen, dass unter physiologischen Bedingungen meist die Ansammlung von Fett auf bestimmte Lokalitäten des Bindegewebes, zumal des subcutanen beschränkt ist. Wobei ich, da mir eigene Untersuchungen in dieser Beziehung fehlen, unentschieden lassen muss, ob diese Prädisposition gewisser Körperstellen lediglich auf besonderen Gefässeinrichtungen (Flemming) beruht, oder ob sich an ihnen ein durch besondere Eigentümlichkeiten ausgezeichnetes spezifisches Organ, das Fettgewebe befindet. Von den inneren Organen ist es nur eins, welches, und zwar temporär, in physiologischen Zuständen an der Fettablagerung partizipiert, nämlich die Leber, von der man ja überdies von Alters her weiss, dass sie das Organ ist, welches überwiegend leicht in den Zustand der fettigen Degeneration gerät. Kölliker hat zuerst beobachtet, das bei saugenden Tieren regelmässig einige Stunden nach der Digestion eine Art von Fettleber physiologisch vorkommt, und Virchow hat nachher, bereits vor längerer Zeit, die Beziehungen des Fetts zur Leber genauer verfolgt und gelehrt, dass ein naher Zusammenhang zwischen den physiologischen und pathologischen Formen der Fettleber besteht. Auf eine offenbar physiologische Form der Fettleber hat zuerst Meissner bei eierlegenden Hühnern aufmerksam gemacht, bei welcher das Fett grossteils ausserhalb der Leberzellen zu liegen scheint, und welche weder bei den Hähnen noch bei den Hühnern, welche seit längerer Zeit nicht gelegt hatten, auch wenn dieselben sonst wohlgenährt waren, sich vorfand. Meissner hat dieselbe in Beziehung zum Dotterfett gebracht.