Diese Fettablagerungen nun, welche je länger je mehr immer grössere Abschnitte des subcutanen, sowie des die inneren Organe um hüllenden und in sie eindringenden Bindegewebes umfassen, können sich zum Monströsen steigern und besonders die älteren Beobachter haben in ihren Schriften eine wahre Blumenlese solcher Fettungeheuer – sit venia verbo – uns überliefert, deren Aufzählung ich mir an dieser Stelle gewiss erlassen kann. Es genüge anzuführen, dass in solchen Körpern schliesslich das Fett geradezu eine dominierende Rolle spielt. Zolldicke Schichten Fett unter der Haut, besonders am Bauch, an den Oberschenkeln, den Brüsten u. s. w. sind nichts Ungewöhnliches. Das grosse Netz kann eine Dicke von mehreren Cent, erreichen. Boerhave erwähnt einen Fall, wo das Netz allein 10 Pfund wog. Von den Eingeweiden entartet gewöhnlich zunächst die Leber fettig, aber besonders beachtenswert sind die fettigen Auflagerungen auf dem Herzen, welche schon Senac genau schilderte, und welche Quain scharf von ‚der fettigen Entartung des Herzmuskels, wo die denselben zusammensetzende Fasern fettig entarten und zu Grunde gehen, trennt. Diese Fettauflagerungen auf dem Herzen linden sich ganz vornehmlich bei fettleibigen Personen. Sie können so hohe Grade erreichen, dass der Herzmuskel ganz zu fehlen scheint. Leyden hat in neuester Zeit besonders diese Form des Fettherzens in anatomischer wie klinischer Beziehung mit grosser Sorgfalt gewürdigt. Was die Symptome der über die Norm gesteigerten Fettablagerung betrifft, so kann man vielleicht drei Stadien derselben unterscheiden. In dem ersten Stadium ist das betreffende Individuum eine beneidete Person. Man bewundert seine Korpulenz, seinen Embonpoint, der Körper wird voller, seine Formen runden sich, die Muskulatur nimmt noch gleichmässig mit dem Fett zu. Im zweiten Stadium wird der Fettleibige eine komische Person. Das Volk belächelte zu allen Zeiten die Fettleibigen. Die Alten spotteten über den fetten Silen bei den Festzügen zu Ehren seines Zöglings Bacchus, der dicke Falstaff ist der populäre Vertreter der niederen Komik. Die Werke unserer Dichter sind so voll von drastischen Schilderungen über die Symptomatologie der Fettleibigkeit, dass die Pathologen bei ihnen in die Schule gehen könnten. In den ersten Anfängen dieses Stadiums trägt der Fettleibige die Inconvenienzen, die sein zunehmendes Körpervolumen, seine grössere Körperlast mit sich bringt, mit einer gewissen Würde. Die in Folge der grösseren Arbeitsleistung und der reichlichen Eiweissaufnahme mastiger werdenden Muskeln kompensieren zunächst auch diese Beschwerden. Es gibt eben Fettleibige, welche trotz vermehrter Schweissbildung und etwas Kurzatmigkeit noch rüstige Fussgänger sind und die sich Tage lang auf der Jagd herumtummeln. Sie achten der Beschwerden nicht, die sie zu überwinden vermögen. Indessen wenn sie erst in das Stadium kommen, wo das >>fette Gesicht wie Vollmond glänzt, und drei Männer den Schmerbauch nicht umspannen<<, dann wird den Trägern desselben die Sache unbequem. Solche Leute à la Falstaff mit ihrem Wanst von 100 Pfunden haben viel Beschwerden. Falstaff klagt von sich selbst: »Ein Mann von meinen Nieren, der so wenig Hitze verträgt wie Butter, der im ewigen Aufhauen und Evaporiren lebt! In diesen kurzen Worten liegt eine ganze Leidensgeschichte, welche aber das Mitleid noch nicht rege macht. Der schwerfällige Gang, die plumper werdenden Gesichtszüge reizen den Spott, zumal der Mageren. »Es gibt Leute«, sagt Lichtenberg, »die so fette Gesichter haben, dass sie unter dem Speck lachen können, so dass der grösste physiognomonische Zauberer nichts mehr davon gewahr wird, da wir arme dünne Geschöpfe, denen die Seele unmittelbar unter der Epidermis sitzt, immer die Sprache sprechen, worin man nicht lügen kann«.
Der Ernst der Situation fängt den Fettsüchtigen an klarer zu werden, sie lachen nicht mehr unter dem Speck, denn allmählich gesellen sich zu den Beschwerden, welche die zunehmende Körperlast ihnen bereitet und welche sie mit einem gewissen Humor ertrugen, ernstere Störungen, welche teils abhängen von einer Beschädigung lebenswichtiger Organe, insbesondere des Herzens oder der Leber, teils von der Komplikation mit anderen schweren konstitutionellen Erkrankungen, welche sich im Gefolge der zunehmenden Fettleibigkeit häufig entwickeln. Ich erinnere vor Allem an die Anämie, welche bei hohen Graden der Fettsucht stets vorhanden ist und unter deren Einfluss der Zunahme der Fettablagerung erfahrungsgemäss Vorschub geleistet wird; ich erinnere ferner an die Gicht und den Diabetes, unheimliche aber häufige Gefährten der Fettsucht, zu deren Entwickelung sie entschieden als Gelegenheitsursache prädisponiert. In diesem dritten Stadium wird der Fettsüchtige ein bemitleidenswert her und bemitleideter schwer kranker Mensch. Nicht jeder Fettleibige kostet alle diese 3 Stadien mit ihren Konsequenzen durch, welche ich nicht in ihren Details hier verfolgen will, denn dann müsste ich ein grosses Stück spezieller Pathologie erörtern. Die Fettleibigen gehen oft früher zu Grunde, sei es an Krankheiten, sei es dass bevor die Fettablagerung in den äusseren Bedeckungen ihre höchsten Grade erreicht, sich eine der erwähnten lebensbedrohenden Komplikationen entwickelt.